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„Ich wollte mal reingucken!“

Er ist der erste so genannte Bufdi gewesen – Ernst Golla absolviert den Bundesfreiwilligendienst im Drehpunkt. Warum er dies tut, welche Erfahrungen er gemacht hat und wie er den Bundesfreiwilligendienst bekannter machen würde, erzählt er in einem Interview.

ernst_gollaWarum machst Du den Bundesfreiwilligendienst?

Ernst Golla: Als ich mit der Schule fertig war, wollte ich nicht direkt mit einer Ausbildung anfangen. Ich wollte so etwas machen wie den Zivildienst und den gibt es ja jetzt nicht mehr. Und dann habe ich mich für den BFD entschieden, einfach so, das war eine 50/50-Entscheidung.

Wie hast Du von der Möglichkeit erfahren?

Ernst Golla: Das kam durch einen Freund. Der hatte das irgendwo in einer Zeitung gelesen. Ich selbst wusste davon erst mal überhaupt nichts. Ich kannte das FSJ, aber BFD hat mir überhaupt nichts gesagt. Das war so kurz vor den Sommerferien. Also sind wir zum Drehpunkt und dann hat man uns erklärt, was das ist. Bundesfreiwilligendienst und Freiwilliges Soziales Jahr sind eigentlich genau das Gleiche, nur dass die Namen anders sind und andere Leute ganz oben sitzen.

Was soll Dir die Bufdi-Zeit bringen?

Ernst Golla: Dass ich etwas für mein Leben mitnehmen kann, dass ich Erfahrungen sammle, die ich sonst in der Schule oder später bei der Arbeit nicht mache. Ich bin ziemlich sicher, dass ich etwas anderes als Beruf machen möchte, aber ich wollte gerne mal reingucken. Es macht echt Spaß bis jetzt und man lernt ganz schön viel.

Wurden Deine Erwartungen erfüllt oder übertroffen?

Ernst Golla: Ich hatte keine Erwartungen. Mir haben viele gesagt, das ist gut fürs Leben. Mein Onkel zum Beispiel hat Zivildienst gemacht und mich motiviert.

Was klappt noch nicht im Bundesfreiwilligendienst?

Ernst Golla: Im Moment die Organisation. Liegt wahrscheinlich daran, dass wir die Ersten sind. Zum Beispiel hätten wir schon einen Ausweis bekommen sollen, mit dem wir Ermäßigung im Kino, Schwimmbad und dergleichen erhalten. Den haben wir aber noch nicht. Auch die Organisation der Seminare klappt noch nicht so. Das hat aber etwas mit dem Bund zu tun und nicht mit dem Drehpunkt.

Und was gefällt Dir besonders?

Ernst Golla: Unter anderem, dass wir die ersten sind. Auch die Seminare. Fünfmal im Jahr gehen wir auf Seminare, bei denen es gar nicht um Dinge geht, die mit dem Pflegeberuf zu tun haben, sondern um allgemeine Fragen, um Menschen und Soziales.

Welche hast Du besucht?

Ernst Golla: Angefangen hat es mit einem Seminar zum Kennenlernen, bei dem man sich auch selber ein bisschen besser kennenlernt. Wir hatten auch Politische Bildung und soziale Themen, in denen es zum Beispiel um „Ich und meine Familie“ ging. Demnächst steht ein viertes an, da weiß ich das Thema noch gar nicht.

Ist für Dich eine Verlängerung des Dienstes denkbar?

Ernst Golla: Schwer zu sagen. Fest steht für mich, dass ich eine Ausbildung machen möchte. Ich habe aber noch nichts Festes, bin noch auf der Suche. Ich könnte mir auch vorstellen, im Anschluss in diesem Bereich als Aushilfe weiterzuarbeiten. Aber ich würde es auf jeden Fall wieder machen.

Wie sieht ein typischer Tag des Bufdis Ernst Golla aus?

Ernst Golla: Wir als Bundesfreiwilligendienstleistende machen jetzt nicht so Sachen wie „Popo abwischen“, wie das Klischee vorweist. Dafür muss man den Pflegeberuf gelernt haben. Wir helfen den Leuten, unterstützen sie bei der Pflege: Zähneputzen, Waschen, beim Anziehen. Dezente Pflege könnte man sagen. Mittags haben wir Fahrdienste. Bedeutet, Patienten zum Arzt fahren, Einkaufen fahren, Leute von der Arbeit holen. Mit einem Patienten, der querschnittsgelähmt ist, gehe ich ins Fitnessstudio trainieren. Abends haben wir selten Dienst, wenn, dann Kleinigkeiten, die Wohnung zurecht machen, Leute fragen, ob alles okay ist oder ob sie noch irgendwas brauchen.

Reicht das Geld?

Ernst Golla: Ja, also mit dem Geld komme ich aus. Das setzt sich aus verschiedenen Zuschüssen zusammen: Taschengeld, Verpflegungsgeld, Mietzuschuss und Fahrgeld. Ich persönlich komme damit super aus, weil ich eh sparsam bin. Natürlich ist ein Stundenlohn von zwei, drei Euros wenig. Ich trainiere Kinder im Judo, da kriege ich mehr. Aber der Bufdi ist schließlich freiwillig und deswegen ist es gut, dass man etwas kriegt. Als Taschengeld reicht es.

Welche Pläne hast Du für die Zeit danach und hat die Bufdi-Zeit diese Pläne beeinflusst?

Ernst Golla: Ich möchte eine Ausbildung machen im wirtschaftlich-kaufmännischen Bereich. Das hatte ich mir schon vorher überlegt und die Bufdi-Zeit hat darauf keinen Einfluss. Die Pflege oder so wäre nichts für mein Leben. Ich hab aber gehört von Leuten, die erst keine Ahnung hatten oder Bankkaufmann werden wollten und dann haben sie gesagt: „Ich werd‘ doch Krankenpfleger.“

Warum, glaubst Du, melden sich verhältnismäßig wenige Leute für den Bufdi an?

Ernst Golla: Weil es keine Pflicht mehr ist. Ganz einfach.

Spürst Du bei der Arbeit als Bufdi, dass die Abschaffung des Zivildienstes Folgen hatte?

Ernst Golla: Es ist ein Haufen mehr Arbeit, wenn weniger Leute da sind, die sie machen. Wenn bei der Arbeit, die im ambulanten Dienst gemacht wird, ein oder zwei Leute fehlen, merkt man es direkt. Zu Zivi-Zeiten war das anders, hat man mir erzählt. Das hat sich wirklich bemerkbar gemacht.

Was müsste passieren damit der Bufdi bekannter wird?

Ernst Golla: Es müsste Werbung gemacht werden, vielleicht auch mal im Fernsehen. Wie gesagt, ich kannte es überhaupt nicht. Erst jetzt habe ich auch mal etwas im Fernsehen vom Bufdi gehört: Da wurde bekannt gegeben, dass sich 26.000 Leute bis Ende letzten Jahres angemeldet hatten. Es müsste einen Werbeslogan geben wie „Bufdi, lebe dein Leben!“